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Es berührt unser Herz

Thomas Thirolf und Dagmar von Tschurschenthaler besuchten im Januar 2020 die Provinz Rajasthan im Nordwesten Indiens – und die von Friends-for-hope unterstützten Schulen.


Die Nachtschule Padampura


Wenn Du nach einem 7-stündigen Flug von München nach Delhi, 6 Stunden Autofahrt nach Tilonia, Rajasthan, 2 Stunden Schotterpiste und dann nochmals weiter auf Sandstraßen am Salzsee vorbeifährst, dann erreichst Du die Nachtschule von Padampura in einer völlig unwirtlichen, von jeglicher Zivilisation abgeschnittenen Gegend. Die Menschen hier sind ausnahmslos von extremer Armut geprägt, ihre Haut von der harten Arbeit am Salzsee gezeichnet.

Sie begegnen uns alle sehr freundlich, laden uns zu einer Tasse Tee ein und führen uns dann mit Stolz in ihre Nachtschule.


Der Lehrer Kamal

Kamal ging bis zur 12. Klasse in die Schule und kann infolge seiner Polio-Erkrankung nicht mehr gehen. Jeden Tag bewegt er mit seinen bloßen Händen sein Dreirad 5 km, um die Distanz von seinem Wohnort zur Nachtschule zurückzulegen. Er macht dies für seine 23 Schüler gerne, weil er diesen Kindern eine Bildungschance geben möchte: „Ohne Bildung haben sie ansonsten außer der schweren Salzarbeit keine Zukunft“, begründet er sein leidenschaftliches, hohes persönliches Engagement für diese Kinder.


Für sich selbst spricht er bei unserem Besuch nichts an, dazu ist er viel zu bescheiden. Er erwähnt aber, dass es durch die Decke des Schulraums durchregnet und fehlende Türen vom Schulraum zur Toilette.


Die Kinder von Padampura


Kamal ist stolz auf seine Schüler. Sie lernen trotz widrigster Lebensumstände am Ende eines anstrengenden Tages, der für sie zur Unterstützung ihrer Eltern bereits um 5 Uhr früh beginnt.


Wir erzählen ihnen vom Brückenschul-Internat in Singla, auf dem sie weiter und mehr lernen können, und sie sind begeistert. Wir werden ihnen diese Chance ermöglichen.

Als wir sie verlassen, weint unsere indische Freiwillige plötzlich und unerwartet. Sie hat so große Armut noch nicht erlebt. Es trifft sie mitten ins Herz, dass die Lebensumstände dieser Kinder nur Schritt für Schritt und nicht unmittelbar gelöst werden können. Aber im Vergleich zu unserem ersten Besuch vor einem Jahr gibt es bereits Fortschritte.

Dasselbe kleine Mädchen März 2019 (links) und Januar 2020 (rechts)


Wir, Friends-for-Hope, wollen sicherstellen, dass

  • auch die Kinder von Padampura eine Zukunftsperspektive erhalten,

  • es im Schulgebäude von der Decke nicht mehr reinregnet,

  • die Kinder warme Decken bekommen,

  • der Lehrer Kamal ein Elektro-Dreirad bekommt, damit er trotz seiner körperlichen Einschränkungen die Kinder leichter erreichen kann.


Roopangarh


In Zusammenarbeit von Friends-for-Hope mit dem Barefoot College und Sternstunden München entsteht in dem Dorf Roopangarh augenblicklich ein Mother&Child-Center, eine Ausbildungsstätte für Mädchen und minderjährige Mütter. Bis zu 75 Personen sollen zukünftig in einem 4-6 monatigen Basiskurs eine Nähausbildung erhalten.

Wir besuchten das „Pilotteam“, dass aus 12 Personen besteht und sich bis jetzt 2 Nähmaschinen teilt.


Die Nählehrerin

Lalaram startete ihre schulische Laufbahn in einer Nachtschule, später wurde sie selbst Nachtschul-Lehrerin. Dies befähigt sie, den Teilnehmerinnen des Pilotteams jetzt Näh-, Schreib- und Rechenkenntnisse weitergeben zu können. Beides werden sie für die spätere Vermarktung ihrer Produkte brauchen.


Übrigens hat Friends-for-Hope während des Besuchs veranlasst, dass das Pilotteam zwei weitere Nähmaschinen für die praktische Ausbildung bekommt.




Das Brückenschul-Internat Singla


Raj Nandini


Vor drei Jahren lernte Raj Nandini für ein Jahr im Brückenschul-Internat in Singla. Dieser Besuch im Brückenschulinternat gab ihr die Möglichkeit zum Schulbesuch einer staatlichen Schule in Roopangarh. Dort zählt sie inzwischen zu den Besten. Ihre Eltern möchten sie gerne für die Hausarbeit „zurückhaben“, aber Nandini möchte weiter lernen. Sie wird hierin von ihrer Großmutter bestärkt.

Raj Nandinis Großmutter kämpft für die Bildung ihrer Enkelin


Auf die Frage, wie sie Singla mit einem Wort beschreiben würde, antwortet Raj Nandani „beautiful“. Ihr Berufswunsch ist es, einmal als Lehrerin nach Singla zurückzukehren. Zum Schluss des spontanen Treffens bittet sie uns „Please keep Singla running“.


Friends-for-Hope beabsichtigt, dass Brückenschulinternat als Kernprojekt dauerhaft fortführen. Um dies nachhaltig bewerkstelligen zu können, braucht es aber weitere Spenden.


Das Girls House


Das Girls House ist im Herbst 2019 in Betrieb genommen worden und bietet bis zu 30 Mädchen eine eigene, von den Jungen getrennte, Unterkunft sowie eine Ausbildungsstätte für Nähunterricht in den unteren Räumen. Bei unserem Besuch wird das Girls House für einen Gesundheitscheck von 300 Menschen der umliegenden Dörfer genutzt. Der Arzt aus Jaipur macht dies kostenlos. Die Medikamente zahlen wir.


Waste Management (Müllverwertung)


Auch das Barefoot College beschäftigt sich mit Mülltrennung und Verwertung, vor allem mit dem Recyclen von Plastikmüll, hauptsächlich Plastikflaschen. In einem Pilotprojekt werden sie dort zu Pflastersteinen verarbeitet. Wir wollen damit einen Teil des Single-Campus bedecken um ein Spielfeld z.B. für Cricket zu schaffen.



Links: Leere Ölkanister werden zu Trenn-Mülltonnen

Rechts: Plastersteine aus recycelten Plastikflaschen


Schul-Partnerschaft


Im Rahmen einer neuen Partnerschaft mit einer deutschen Schule fragen selbstbewusste Singla-Schüler, ob die deutschen Schüler auch über ein Kinderparlament und für einzelne Aufgaben verantwortliche Minister verfügen. Ein Kind schlägt vor, ansonsten die deutschen Schüler doch einzuladen, um ihnen zu zeigen, wie demokratische Kinderwahlen und die Verantwortung der gewählten Minister in Singla gelebt werden. Ein Mädchen stellt sich als gewählte Premierministerin vor, die Cricketspielerin werden möchte.


Team-Meetings


In unserem zweistündigen Gespräch mit allen Lehrern/innen, in dem wir um offene Ansprache von Wünschen und Verbesserungsvorschlägen gebeten haben, werden Lehrerfortbildungen, das Gehalt (ca. 110 -130 EUR/Monat, wovon oft noch Familienangehörige unterstützt werden müssen) und der Mädchenanteil an der Gesamtschülerzahl angesprochen. Wir bringen diese Punkte in die Sitzung des Single-Committees im Barefoot College ein und finden vielversprechende Lösungsvorschläge: So sollen z. B. Eltern nach Singla als Schule und Ort der Geborgen- und Sicherheit eingeladen werden, um ihr Vertrauen zu gewinnen, ihre Mädchen dorthin zu schicken. Eltern, die dies bereits erfolgreich gemacht und hier als Vorbilder dienen können, sollen mit dazu kommen.

Das Single Brückenschul-Internat ist einzigartig! Ein Jahr verändert ein Leben, weil Kinder in nur einem Jahr für den Übertritt auf eine staatliche Schule qualifiziert werden.


Unser starkes indisches Team vor Ort berichtet uns kurz vor unserer Abreise, dass uns die Menschen in Singla Namen gegeben haben:


Für Dagmar „Dagmar-Ma (=Mutter) Ji“ und für mich „Thomas-Bhiya“ (=großer Bruder)

Ma (= Mutter), weil Dagmar bei der Gründung von Singla vor 5 Jahren mit dem Instinkt einer Mutter den in der Region sichersten Platz für Singla ausgewählt hat. Bruder, da ich „...seem young to them because of your highly positive energy“ (Erklärung unserer Freiwilligen Sanjana)


Wir danken Kamal, Raj Nandini, der Nählehrerin, den Lehrern, den lernbegierigen Kindern, der Premierministerin und unserem Team vor Ort. Wir haben Respekt vor dem, was sie alles leisten. Sie alle sind Vorbilder, von denen wir lernen können.


Wir wollen den Menschen Hoffnung und eine Perspektive durch Bildung geben. Noch mehr und noch überzeugter als bislang schon. Dafür stehen wir. Wir werden diesen Weg weitergehen und danken allen, die uns dabei unterstützen.

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